Rückblick FAJU 2023

Bad Blankenburg. Unter dem Motto "Herausforderung Vielfalt" trafen wir uns vom 09. bis 12. Januar 2022 in der Landessportschule in Bad Blankenburg. Nach der Sommer-FAJU 2022 nun wieder bei klassischem Januarwetter! Aber lest selbst in unserem Rückblick, wie es war.

2023 konnte die FAJU wieder wie gewohnt zu Beginn des Jahres stattfinden. In diesem Jahr stand die Ökumenische Jugendkonferenz unter dem Motto "Herausforderung: Vielfalt". Schwerpunkte waren die Themen geschlechtliche und sexuelle Vielfalt sowie rassismuskritische Bildungsarbeit. Die Fachkonferenz fand zudem wieder in ökumenischer Zusammenarbeit mit den katholischen Jugendmitarbeitenden des Bistums Magdeburg statt und auch Kolleg*innen der Landeskirche Anhalts waren erneut zu Gast.

Diversität - ein großer Begriff und viele Fragezeichen

Zum Einstieg am Dienstag trafen wir uns in Kleingruppen im Stuhlkreis zu einer Übung. Papier, Kleber, Schere - Basteln war angesagt! Wir lernten uns kennen und tauschten uns darüber aus, welche Besonderheiten wir von uns selbst kennen. Von "Ich niese laut" bis "Ich fahre jeden Tag Fahrrad" war alles dabei. Zum Schluss hieß es: Wie stellst du dich selbst mit einer Auswahl an bunten Formen dar, wenn es keine Vorgaben gibt? Daraus entstanden einzigartige, bunte Kunstwerke, die zeigten: Jede*r von uns hat eine ganz eigene Sicht auf sich und die Welt, die er*sie einbringt.

Anschließend hielt Barbara Brunnert von der Theologischen Fakultät Paderborn den ersten Vortrag auf der FAJU. Sie ist Mitherausgeberin des Buches "Der Vielfalt Raum geben: Zum ambivalenten Potenzial einer differenzsensiblen Kirche" (erschienen 2022, Verlag Herder) und führte uns die verschiedenen Ebenen von Diversität ein, die in unseren Lebenswelten anzutreffen sind.

Nach einem leckeren Abendessen und einem Gottesdienst zum Thema Vielfalt konnte man wieder das Sportangebot der Landessportschule nutzen - oder man traf sich im hauseigenen "Champions Pub", um den Abend gemeinsam ausklingen zu lassen.

Kinder- und Jugendhilfe queersensibel gestalten - aber wie?

Am Mittwoch starteten wir nach einer Andacht von Michael Seidel mit einem digitalen Input von Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß von der Hochschule Merseburg. Er sprach ausführlich über Sexualität, Gender und Diversity aus der sexual- und sozialwissenschaftlicher Perspektive und überraschte seine Zuhörer*innen teilweise mit Erkenntnissen über das Verhältnis von Kirche und Geschlecht in früheren Zeiten.

Nach einer Kaffeepause tauschten wir uns in Kleingruppen über unsere eigenen Erfahrungen und Sichtweisen zum Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in der Kinder- und Jugendarbeit aus.

Eine junge Frau mit Kurzhaarschnitt sitzt im Stuhlkreis mit anderen und sagt etwas zu ihrer Kleingruppe. Dabei hält sie ihre Hände in erklärender Weise vor ihren Körper.

Die Mittagspause verging wie im Flug: Neben einem ausgiebigen Mittagessen gab es die Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen, sich untereinander auszutauschen oder einfach eine ruhige Minute auf dem eigenen Zimmer zu verbringen.

Auf in die Praxis, fertig, los!

Nach einer Kaffeepause ging es in verschiedenen Praxis-Workshops weiter. Die Auswahl war groß: Vom Kompetenzzentrum geschlechtergerechte Kinder- und Jugendhilfe Sachsen-Anhalt e.V. waren Irena Schunke und Jonathan Franke zu Gast. Irena Schunke stellte ein Würfelspiel zum Thema Rollenbilder vor, das mit Jugendlichen ab 14 Jahren und Erwachsenen gespielt werden kann (ausleihbar beim KgKJH). Die Teilnehmenden des Workshops von Jonathan Franke setzten sich methodisch mit den verschiedenen Ebenen und gesellschaftlichen Perspektiven von Geschlecht auseinander. Bei Bianca Zelisinski vom Jugendnetzwerk Lambda Mitteldeutschland e.V. erfuhren die Teilnehmenden, was LSBTIAQ+ eigentlich bedeutet, wie es jungen Jugendlichen in Deutschland geht und wie queersensible Jugendarbeit gelingen kann.

Bianca Zelisinski sitzt auf auf einem umgedrehten Stuhl mit Blick auf den Sitzkreis der Teilnehmenden. Auf dem Boden liegen einzelne Zettel mit den Buchstaben L, G, B, T, Q, I, A mit jeweils erklärenden Papierblättern daneben.

Im Workshop von Eva Lange, Leiterin der Evangelischen Frauen in Mitteldeutschland, ging es um geschlechtersensible Sprache. Sie gab Antworten auf Fragen wie: Was ist eigentlich geschlechtersensible Sprache und wozu brauche ich sie in meiner Gemeinde, im Unterricht oder in der Verkündigung? Eingeladen war auch Elisabeth Antonia Edda Gottwald, die als ehrenamtliche Mitarbeiterin im Kirchenkreis Merseburg aktiv ist und von ihren Erfahrungen als trans Frau berichtete und für Fragen zur Verfügung stand.

Eine Andacht und ein gemeinsames Abendessen später konnten sich Interessierte zur Einstimmung auf den nächsten Tag in der Aula den Film "Ein Dorf sieht schwarz" (2017) anschauen. Ein Arzt zieht mit seiner Familie aus dem Kongo in eine Vorstadt von Paris und erlebt, wie die Dorfbewohner*innen versuchen, ihm als "Exoten" das Leben schwer zu machen. Doch wer mutig seine Heimat verlassen hat und in einem fremden Land einen Neuanfang wagt, lässt sich nicht so leicht unterkriegen...

Zwischen Nächstenliebe und Abschreckung: Wie steht es um die politische Kultur der Kirche?

Am Mittwoch konnten wir den Religionssoziologen Prof. Dr. Gerd Pickel von der Universität Leipzig als Referenten begrüßen. Er hatte mit einem Team von Wissenschaftler*innen in der von der EKD geförderten Studie "Zwischen Nächstenliebe und Abschreckung" untersucht, wie es um die politische Kultur der Kirche bestellt ist. Wichtige Leitfragen waren: Haben Kirchenmitglieder weniger Vorurteile als andere Menschen? Wie gehen Kirchen mit neuen gesellschaftlichen Herausforderungen um? Welche Rolle spielen religiöse Argumente in rechtspopulistischen Hasskommentaren? Wer gern mehr dazu wissen möchte, kann die Studie hier online lesen.

Nach einer Kaffeepause stand schon unsere nächste Referentin, Olga Janzen vom Sozialwissenschaftlichen Institut der EKD, bereit. Sie stellte uns die Ergebnisse der aej-Jugendstudie „Perspektiven auf Demokratie, Religion und Islamdebatte“ (2021) vor. Die Studie ist eine repräsentative Befragung von Jugendlichen im Alter von 14 bis 29 Jahren sowie von Gleichaltrigen, die in der Evangelischen Jugend aktiv sind. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse finden Sie hier. Digital verfügbar ist die Studie u.a. auf der Seite der aej.

Nach der Mittagspause starteten wir wieder in eine intensive Workshopphase.

Wer ist hier privilegiert?

Es wurden insgesamt fünf Workshops angeboten: Steffi Ott und Christoph Lammert von MOBIT Thüringen erarbeiteten mit den Teilnehmer*innen mögliche Situationen, in denen man als Jugendmitarbeitende*r eine Konfrontation mit der extremen Rechten erfährt und welche Möglichkeiten des Umgangs es gibt. Bei Christian Rühl von MOBIT Thüringen erfuhren die Teilnehmer*innen viel über die "Neue Rechte" und ihre Geschichte, Organisationsstrukturen und Ideologie. Ziel war es, einen grundlegenden Überblick über die Bewegung zu geben und geeignete Gegenstrategien zu diskutieren.

Jana Krappe ließ die Teilnehmenden anhand eines Rollenspiels ihre Privilegien erkennen und diskutierte mit ihnen mögliche individuelle und institutionelle Lösungsmöglichkeiten. Im Workshop von Elvedin Goljica (Kompetenznetzwerk Islam- und Muslimfeindlichkeit) lernten die Teilnehmenden, antimuslimische Vorurteile und rassistische Strukturen zu erkennen und das eigene Handeln vor diesem Hintergrund zu reflektieren. Das interkulturelle Filmprojekt "Don't Stop Motion" wurde von Franzi Bausch und Muntazar al-Jassani vorgestellt. Die Teilnehmenden erfuhren, welche Möglichkeiten der rassismuskritischen Arbeit der Film für die Arbeit mit Jugendlichen bietet.

Nach einer gemeinsamen Andacht und dem Abendessen ging es mit den Arbeitsfragen aus der Jugendarbeit weiter. Die katholischen Kolleg*innen hatten währenddessen die Möglichkeit, sich das 4. Hearing zur Weltsynode „Auf ein Wort mit dem Bischof“ anzusehen.

Abschluss: Mini-Barcamps und gemeinsame Reflektion der Tagung

Am Donnerstagvormittag wurde in Mini-Barcamps noch einmal intensiv gemeinsam reflektiert. Die Teilnehmenden brachten eigene Themen ein, über die diskutiert wurde. Die Anliegen waren vielfältig: Es wurde über milieusensible Jugendarbeit, die Suche nach Fachkräften in der Jugendarbeit, spirituelle Vielfalt und die Integration ukrainischer Geflüchteter diskutiert.

Anschließend werteten wir in Kleingruppen die Inhalte der Tagung aus und es gab Zeit, den digitalen Feedbackbogen auszufüllen.

Die nächste FAJU findet wieder im Januar statt: Vom 08. bis 11.01.2024. Merkt euch den Termin schon mal vor, wir freuen uns auf euch!

Hier noch ein paar Fotos von der FAJU zur Erinnerung: